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Mein Völkershausen

Ich weiß, dass im Oberdorf  fast kein einz‘ges Haus mehr stand,
Ruinen in den Himmel ragten, grau und ausgeräumt bis zum Rand.

Und über Schornsteinköpfe ging ein Wind von Staub und Ruß.
Ich stolperte über Mauerreste, im schnellen Schritt nach Haus zu Fuß.
Über Trümmer und durch Wälder von verrostetem Stahl.
Und wenn ich heut die Augen schließe, seh‘ ich alles noch einmal.

Männer mit Schubkarren übers Kopfsteinpflaster zieh‘n,

und Frauen mit Kopftüchern vor den  Steinhaufen knien

Da war‘n Wände hastig zugemauert und bei manchem Haus
wehten zwischen Steinen noch die Vorhänge zum Fenster raus.

Da war die Ausnahmegenehmigung, da waren Sperren vor dem Ort,

und es gab Einwohner die gingen von hier fort.

Dann der Tag, als der Kirchplatz voller Menschen stand,
ich sah Menschen mit den Tränen kämpfen hinter vorgehaltener Hand.

Plötzlich ein dröhnen in der Luft, da kam der ersehnte Mann,
im Helikopter rettete dieser Akkrobat unsere Kirchenglocken dann.

Menschen, die in Kneipen in Zynismus fliehn,

einige hatten damals einen Stasitermin.

Und wir ahnten, viele Menschen schauten auf diese Gemeinde,

und es gab Freunde, wie tragisch waren dann am Ende Feinde.

Ich weiß, dass auf dem Vorplatz hier kein einz‘ges Blümchen stand,
die Kirchruine in den Himmel ragte und mancher eine Orgelpfeife fand.

Da war‘n die Wendejahre, dann kam die Gleichgültigkeit,
alte Narben, neue Wunden, dann kam die Zerrissenheit.

Hab‘ ich nicht die Müdigkeit und die Enttäuschung selbst gespürt?
Habe ich in Gedanken auch mein Abschied schon geschürt?

Wie oft hab ich mir die Sehnsucht, wie oft meinen Verstand,
Wie oft hab ich gedacht, gab es jemand der uns doch beistand?

Mein ganzes Leben hab‘ ich in diesem Ort gelebt?
und hab die Hoffnung das die Erde hier nie mehr bebt?

Jetzt steh‘ ich hier nach so viel Jahr‘n und glaub‘ es einfach nicht:
Die Häuser, die hier steh‘n, sind halb so alt wie ich.

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